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15. August 2016 SeminarCoachingLesezeit: 4 Minuten

Die Angst überwinden

Angst ist ein Basisgefühl des Menschen. Ein gefährlich anmutender Reiz/Situation löst Angst und Körperreaktionen aus. In der Biopsychologie ist man der Ansicht, dass wir auf Angst entweder defensiv (Flucht, Rückzug) und/oder aggressiv (Angriff, Kampf) reagieren.

In der GFK und der humanistischen Psychologie gibt es eine Erweiterung dieser Sichtweise. Es wird davon ausgegangen, dass Menschen auch mit natürlichem Mitgefühl auf Angst reagieren können statt nur mit Flucht oder Angriff. Das ist unsere angeborene Empathiefähigkeit und die Eigenschaft, uns mit Bedürfnisenergie zu verbinden. Es gilt demnach, darauf zu achten, wann mein natürliches Mitgefühl blockiert ist. Was hindert mich daran, ihm zu folgen? Die Angst gilt nicht als Feind, sondern entspricht einem Warnblinklicht.

Die Angst wohlwollend fühlen, nicht verdrängen

Es geht darum, die Angst zuzulassen, ja zu ihr zu sagen, sie auch auf Körperebene zu spüren, das Zusammenziehen, die Unruhe, die sie auslöst, etc. Gefühle möchten wohlwollend gefühlt werden. Der Angst zuhören, sie hat eine Botschaft für uns. Bin ich im Angriffsmodus (verurteile andere oder mich selbst, greife an …) oder im Fluchtmodus (gehe der Situation aus dem Weg, erstarre, friere ein, werde taub, dissoziiere …)? – das bedeutet Mitgefühl für sich selbst. Um danach wieder offen zu werden, auch entspannt und ausgeglichen auf der Körperebene.

Habe ich zum Beispiel Angst in Gruppensituationen, weil ich dazugehören möchte und sicher sein, dass ich angenommen werde? Spüre ich Angst vor der Leitung/vor Autoritäten/vor dem Chef, weil ich mich danach sehne, «gut genug» zu sein, wertvoll zu sein? Wie fühlt sich das an, wenn ich mir erlaube, es zu spüren? Hinter der Angst stehen immer unerfüllte Bedürfnisse, die es zu entdecken gilt.

An die Angst hinter der Angst kommen

Die Technik «Gedanken zu Ende denken» kann es erleichtern, die Angst auf einer tieferen Ebene zuzulassen. Frag dich dabei, wohin die Wolfsgedanken gehen: «Und dann? / Und das bedeutet?» Die Angst kann dadurch stärker spürbar werden, was die Bedürfnissuche erleichtert. Oft findet man letztendlich die grösste Angst des Verstandes: die Angst, zu sterben – welche nicht real existiert, sondern nur gedanklich in der eigenen Vorstellung.

Tue nichts aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder um mehr geliebt zu werden und erwarte auch nicht von anderen, dass sie etwas aus Angst, Schuld, Scham oder Pflicht für dich tun. Unser Leben ist viel zu kurz und zu wertvoll für den Preis, den ihr dafür bezahlen werdet. Tue alles nur mit der Freude eines kleinen Kindes, das eine hungrige Ente füttert.

(Marshall B. Rosenberg)

Zum Beispiel sagt der Verstand: «Wenn ich das in der Gruppe von mir preisgebe, dann denken die anderen schlecht über mich.» – «Und dann?» – «Dann werde ich bestimmt davon überwältigt, dann werde ich den Schmerz nicht aushalten können.» – «Und was bedeutet das?» – «Dann werde ich allein zurückbleiben, dann werde ich sterben.»

Den «inneren Beschützer» würdigen

Angst ist verführerisch, man glaubt ihr. Wolfsgedanken entstehen, damit ich mich zurückziehe oder angreife, mich verteidige, um mich danach wieder sicher und beschützt zu fühlen. Oft sind wir gewohnt, uns von der ungewollten Angst abzulenken, flüchten uns in Über-Aktivismus (Workaholic), Konsum oder Suchtverhalten.

Robert Gonzales ermuntert uns, den Verstand, den «inneren Beschützer», zu würdigen, ihm mit Respekt zu begegnen. Diese Struktur in uns hat die Funktion, uns zu beschützen. Echte Sicherheit und echten Schutz kann ich jedoch nur in mir selbst finden, intrinsisch. Dazu gilt es Wolfsgedanken transparent zu machen und dahinterstehende Bedürfnisse wahrzunehmen, wieder mit dem Leben verbunden zu sein – das gilt es zu üben!! So kann man achtsam und sanft die Angst überwinden.

Auch Extremformen von Angst, wie z.B. Zwang, Angst- und Panikstörungen, soziale Phobie, posttraumatische/akute Belastungsstörung sind starke Schutzreaktionen des Menschen. Auch sie wollen gesehen, verstanden und in einem sicheren Rahmen gefühlt und angenommen werden.

Ängste «empathieren» – ein Selbstversuch

Jahrzehntelang habe ich mich erfolgreich um das Fliegen herumgedrückt. Nun stand im Dezember 2017 Florida auf der Reiseplanung. Ich wollte es wissen: Kann man auch wirklich schlimme, panikauslösende Ängste mit Empathie in den Griff bekommen? Man kann! Acht Wochen vor Abflug habe ich begonnen, mich mit Empathischen Coachings begleiten zu lassen und der Flugangst näher zu kommen. Mit jedem Coaching (es waren insgesamt etwa zehn Sitzungen) hat sich energetisch etwas verändert, wenn ich in den Himmel geschaut und ein Flugzeug gesehen habe. Von, ganz am Anfang, einem «Oh my god, besser ihr als ich!» bis hin zu einem «Ich bin gespannt, wie es sich da oben anfühlt». Als ich merkte, dass mich ein Flugzeug am Himmel «neutral» zurücklässt, war ich so weit, mich auf die Reise zu freuen. Am 14. Dezember 2017 hoben wir – nach kurzer Notfall-Selbstempathie am Gate ;o) – zu einem elfstündigen Flug nach Miami ab. Berührt von der Kraft der Empathie, voller Dankbarkeit meinen Empathiegebern gegenüber und riesigem Stolz über meinen Mut konnte ich Amerika drei Wochen lang geniessen. Welche Ängste wohnen in euch und halten euch von euren Träumen ab? Wie ihr seht, ist es mit Gewaltfreier Kommunikation möglich, euch davon zu befreien…

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