Innere Blockaden erkennen und lösen – so geht‘s (Teil 3)
Inhaltsverzeichnis
Dies ist der 3. Teil meiner Serie über innere Blockaden. Hier erfährst du, welche Folgen deine tief verankerten Glaubenssätze für dein Leben haben. Nur wenn du dir deine Wurzelwölfe bewusst machst, hast du eine Chance, sie hinter dir zu lassen und ein freies Leben zu führen.
Mit dem Begriff „Wurzelwölfe“ für Glaubenssätze, die uns blockieren, habe ich das Konzept der Wolfssprache von Marshall B. Rosenberg weiterentwickelt. Dieser Aspekt ist über die Jahre zu meinem Fachgebiet geworden.
Wurzelwölfe hindern dich nicht nur daran, dich mit deinen Bedürfnissen zu verbinden und passende Erfüllungsstrategien zu finden, sondern aufgrund dieser Wurzelwölfe lebst du sogar ganz anders, als du es eigentlich möchtest. Wurzelwölfe prägen das menschliche Verhalten in der Gegenwart und das auf zähe, widerständige Art und Weise. Die Glaubenssätze, die am tiefsten verankert sind und dich ausbremsen, betreffen deine eigene Identität. Sie hindern dich daran, an deine individuellen Wünsche und Ziele zu gelangen. Unbewusst richtest du so dein eigenes Leben an den Wurzelwölfen aus und lebst nach deren Vorgaben.
Trauma als Ursache von Glaubenssätzen
Traumatische Erfahrungen können dazu führen, dass du Überlebensstrategien entwickelst, die sich dann als hinderliche und beständige Wurzelwölfe bei dir einbrennen. Diese werden wiederum mit der Zeit zu vertrauten Lebenseinstellungen. Wegen dieser Vertrautheit werden sie nie hinterfragt. Solange du sie aber gewähren lässt, konstruieren die Wurzelwölfe deine subjektive Wirklichkeit.
Ein Trauma beeinflusst die Nervenzellen unmittelbar und prägt sich im Gehirn fest ein – wie ein Stempel im Körpergedächtnis. Diese Prägung ist mit entsprechenden Panikprogrammen verbunden. Sind Wurzelwölfe aktiv, findet über ein solches Programm eine Art Reinszenierung der ursprünglichen Situation statt.
Wenn es dem Wurzelwolf einmal gelungen ist, auf diese Weise Emotionen wie Angst, Wut, Ohnmacht oder Hilflosigkeit in jemandem auszulösen, wird er es immer wieder tun. Er beeinflusst und unterbricht in erster Linie die Verbindung zwischen deinem Selbst und deinem Optimum und lässt dich unter Umständen in ein ungünstiges Verhalten gegenüber anderen abrutschen.
Wenn zum Beispiel eine Person bei Verabredungen häufig später als vereinbart erscheint, lässt sie die oder den anderen warten. Diese zweite Person wird ungeduldig und das für sie wichtige Bedürfnis – sei es Verlässlichkeit, Klarheit, Vertrauen oder noch ein anderes – bleibt ungestillt. Dieser Mangel kann äusserstes Unbehagen hervorrufen, so dass das Gehirn des wartenden Menschen in Bruchteilen einer Sekunde prüft, welchem Wurzelwolf das Ereignis zugeordnet werden kann.
Die Wurzelwölfe bestimmen deine Wahrnehmung
Und da Wurzelwölfe gerne in Rudeln auftreten, lässt sich in aller Regel mehr als einer finden: «Mich kann man warten lassen», «Ich bin es nicht wert», «Mit mir kann man das machen.» Nicht du, sondern die Wurzelwölfe interpretieren die Situation, in der du steckst, und du hältst das irrtümlicherweise für real. Was hingegen definitiv real ist, das sind die Emotionen, die zu den Wurzelwölfen gespeichert worden sind und die dich mit voller Wucht treffen können, mitunter auch bei anscheinend nur unerheblichen Alltagserlebnissen.
In der Kindheit lernst du, Erlebtes einzuordnen und einzustufen. Dabei suchst du nach schlüssigen Begründungen, weshalb etwas geschieht oder ausbleibt. Wenn sich bestimmte Situationen wiederholen, werden Wurzelwölfe gebildet. Diese reagieren ein Leben lang auf diese oder vergleichbare Situationen mit ähnlichen, wenn nicht sogar mit den identischen Reflexen, die schon die Reaktion im Kindesalter determiniert haben. Bestimmte Situationen können also über die mit ihnen korrespondierenden Wurzelwölfen eine automatische, wenn auch veraltete, Reaktion auslösen.
Wurzelwölfe betrachten es als ihre kontinuierliche Aufgabe, die menschliche Wahrnehmung von alltäglichen, gegenwärtigen Begebenheiten immer wieder an eine kindliche Ursprungssituation anzupassen. Sie holen dann die dazugehörigen Gefühle hervor und lassen sie immer wieder aufleben, was sich für dich als selbstquälerisch entpuppt. Der Wurzelwolf erstellt einen Wahrnehmungsfilter, durch den er sich selbst immer wieder aufs Neue bestätigen kann und in der Regel auch bestätigt sieht.
Die Reinszenierung eines Traumas fordert dich auf, dich mit deinen Erfahrungen zu beschäftigen
Es kann dir dadurch so vorkommen, als ob du dein «Man-lässt-mich-warten»-Thema immer wieder erlebst, als ob wechselnde Darstellende das gleiche Stück immer wieder neu aufführen würden. Die Bandbreite ist vielfältig: Vielleicht wartest du zermürbt und ungeduldig auf eine Mail, einen Telefonanruf oder eine wichtige Nachricht. In allen Fällen inszenieren die Wurzelwolf-Filter das Thema breitflächig immer wieder neu für seine alltägliche Aufführung. Diese Inszenierung, bei der es sich einzig um eine Reinszenierung der Seele handelt, gilt es zu reflektieren.
Es ist ein Appell und eine Einladung, dass du dich dem «Man-lässt-mich-warten»- Thema widmest. Die verletzte (Kinder-)Seele möchte Erleichterung erfahren und ergreift deswegen immer wieder (unbewusst) Gelegenheiten, um sich den Wurzelwölfen zu widmen. Es ist ein kontinuierlicher Versuch, traumatische Erfahrungen, die aus frühen Lebensjahren herrühren und aus der damaligen Abhängigkeit und Machtlosigkeit heraus entstanden sind, zu bewältigen.
So besteht die Chance, die Energie in eine andere Richtung zu lenken. Wurzelwölfe schützen das Kind. Sie veranlassen es, brav zu sein, sein Verhalten den Erwartungen anzupassen, um sich Bedürfnisse nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Schutz zu erfüllen. Die Wurzelwölfe haben also dafür gesorgt, dass das Kind mit seiner Umwelt zurechtkommt. Die daraus entstandenen Verhaltensmuster werden mitunter auch im Erwachsenendasein noch gelebt. Die Wurzelwölfe sind also immer noch im Modus, dich schützen zu wollen. Solange du kein Bewusstsein über die Wurzelwölfe geschaffen hast, kann es sein, dass du ungewollt in destruktiven Verhaltensmustern feststeckst und dir dadurch immer wieder selbst im Weg stehst.
Welche destruktiven Verhaltensmuster gibt es?
Einige Beispiele für solche Verhaltensmuster (man könnte zahlreiche weitere anführen) sind:
➜ gesteigerter Drang, anderen zu helfen (ohne Aufforderung und ungeachtet dessen, ob sie das wollen oder nicht)
➜ eigene Bedürfnisse hintanstellen
➜ freudlos (im reinen Funktionsmodus) Erwartungen der anderen erfüllen
➜ fehlende oder mangelnde Abgrenzung – die Probleme der anderen zu den eigenen machen
➜ nur schwer um Hilfe bitten oder diese annehmen können
➜ Pendenzen immer wieder aufschieben
➜ Angst vor Einsamkeit durch Selbstständigkeit
➜ Nomadendasein, sich nirgends richtig zuhause fühlen
➜ Anpassung, es allen recht machen wollen
➜ (Macht-)Positionen ausnutzen, insbesondere gegenüber Abhängigen und Unterlegenen (etwa Kindern oder Angestellten)
➜ Mangeldenken anstelle von Fülledenken
➜ Wettbewerbsdenken
➜ sich zurücknehmen und die eigene Meinung nicht vertreten
➜ Abhängigkeit, an Dingen und Beziehungen festhalten, die nicht guttun und die innerlich abgelehnt werden
➜ klammerndes Verhalten in Partnerschaften (Trennungsangst)
➜ sich aufopfern und sich für alles verantwortlich fühlen
➜ hohe Empfindlichkeit gegenüber Kritik
➜ gesteigertes Kontrollverhalten
➜ Angst vor Nähe
➜ Aggressionspotenzial
➜ Schwierigkeiten, Nein zu sagen
➜ Konflikten und Klärungsversuchen aus dem Weg gehen (Harmoniesucht)
➜ sich nicht mitteilen, bis man explodiert und den Kontakt abbricht oder Mitmenschen brüskiert
➜ sich über andere ärgern, die «Faust im Sack» machen
➜ neue Sachen beginnen, sie jedoch nicht zu Ende führen
➜ Zeitdruck, Stress, von einem Termin zum andern hetzen (ein Fass ohne Boden)
➜ eigene Erfolge denunzieren und den Fokus auf das richten, was nicht gelungen ist
Welche Folgen haben destruktive Verhaltensmuster?
Gefangen in diesen (oft komplett unbewussten) Verhaltensmustern fällt es dir schwer, in Beziehungen für dich selbst und für andere offenzubleiben. Mannigfache psychosoziale und seelische Defizite sind weitere mögliche Resultate dieser ungünstigen Verhaltensmuster: Überforderung, Dauerunzufriedenheit, Stress, Erschöpfung, Depression, Instabilität, Panikattacken, Endlosgrübeln, Wutausbrüche, Suchtverhalten, Masslosigkeit, Zukunftsängste, Abhängigkeitsbeziehungen, fehlende Lebensfreude, Kleinheitsdenken, geringer Selbstwert, verzerrtes Selbstbild, Unterdrückung der eigenen Gefühle, passiv-aggressives Verhalten, Sinnlosigkeit oder fehlender Kontakt zu Wutgefühlen. All das kann mit Schlaflosigkeit respektive erhöhtem Schlafverlangen, Unruhe, Antriebsschwäche, Verspannungen, Schmerzen usw. einhergehen. Nicht nur die Seele leidet, sondern auch der Körper und mit ihm die physische und psychische Gesundheit.
Als Erwachsener bist du jedoch kein ausgeliefertes Kind mehr, sondern handelst selbst und kannst deine Umwelt mitgestalten. Zudem sind die Umstände, die dein erwachsenes Selbst umgeben, denen aus der Kindheit nur ähnlich und nicht identisch mit ihnen. Deshalb können deine Reaktionen auf gegenwärtige Situationen, wenn sie die Muster der kindlichen Reaktionen wieder aufrufen, unangemessen oder übertrieben erscheinen. Zwar löst das Verhalten anderer deine Gedanken und Gefühle aus. Die Verantwortung darüber, um welche Gedanken und Gefühle es sich dabei konkret handelt, liegt dann aber bei dir selbst. Dein Gegenüber ändern zu wollen, ist daher keine Strategie, um deine eigenen Verhaltensmuster positiv zu beeinflussen. Sinnvoller ist es, dir deiner Wahrnehmungsfilter bewusst zu werden und diese zu reflektieren.
Im letzten Teil dieser 4-teiligen Serie geht es darum, wie du deine Wurzelwölfe aufdecken kannst, damit du sie entkräften und hinderliche Verhaltensmuster ab- und auflösen kannst.
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