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10. Juli 2023 SeminarPodcastLesezeit: 8 Minuten

NEIN sagen lernen

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Du hast sicherlich schon einmal folgende Situation erlebt: Jemand bittet dich um einen Gefallen, und obwohl es dir nicht passt oder du sogar dagegen bist, sagst du Ja. Du möchtest den anderen nicht verletzen, hast Angst vor Konflikten oder denkst, dass du ja sagen musst, weil alle anderen in der Gruppe ja gesagt haben.
Insbesondere Personen mit geringem Selbstwert oder Selbstvertrauen neigen dazu, die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen. Aber warum ist es eigentlich ungesund, die Bedürfnisse der anderen wichtiger zu nehmen als deine eigenen?

Hochsensiblen Menschen fällt es besonders schwer, Nein zu sagen

Die unausgesprochene Erwartung an dich ist oft, dass du hilfsbereit und kooperativ bist. Das Ablehnen von Anfragen oder Bitten kann als unhöflich oder egoistisch angesehen werden. Daher möchten viele Menschen Konflikte vermeiden und sagen lieber Ja, um anderen zu gefallen.

Besonders hochsensible Menschen, die die Bedürfnisse und Wünsche der anderen stark wahrnehmen, tun sich schwer mit einem klaren Nein. Sie sind so taktvoll und feinsinnig, dass ein NEIN für sie nicht ins Schema passt, und sie passen sich lieber an. Doch das Selbstbewusstsein bleibt auf der Strecke, wenn wir uns allzu sehr zurücknehmen oder allzu «nett» anstatt echt sind und uns die Kraft für ein deutliches NEIN fehlt.

Warum du Ja sagst, obwohl du Nein meinst

Aber dieser ständige Selbstverzicht könnte Folgen haben: Du bist permanent überfordert, gehst über deine Grenzen hinaus und vernachlässigst deine eigenen Bedürfnisse. In gewissem Sinne gibst du ein Stück deiner Identität auf, indem du das, was dir wirklich wichtig ist, zurückstellst.

Die Lösung liegt darin, zu lernen, für dich selbst und deine Bedürfnisse einzustehen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist es, zu reflektieren, warum du Ja sagst, obwohl du eigentlich Nein meinst. Dahinter steckt oft die Angst, abgelehnt zu werden, der Druck der Gruppennorm oder die Konditionierung, dass ein Nein unangemessen oder unkooperativ sei.

Nein zu sagen, ruft Ängste hervor

Wichtig ist: Sei geduldig mit dir, das zu verändern. Es rüttelt aus meiner Erfahrung aus meinen Seminaren, an ganz tiefen Ängsten wie zum Beispiel: Die Angst, jemanden zu verletzten. Die Angst, dass es persönlich genommen wird. Die Angst, dass die Person dich dann nicht mehr mag. Die Angst vor einem Wutanfall oder sonstigen starken Emotionen (wie weinen). Die Angst, abhängig zu sein. Die Angst, arrogant zu wirken. Die Angst, dass die Beziehung dein Nein nicht aushält und zerbricht oder die Angst, ersetzbar zu sein.

Hinzu kommen die anschliessenden Schuldgefühle und die Selbstverurteilung, wenn du siehst, dass die Person nun Mehraufwand hat wegen deines Neins. Hast du dich in dem einen oder anderen wiedererkannt? Welche Ängste kommen ausserdem noch, wenn du daran denkst nein sagen zu wollen?

Auch die Angst etwas zu verpassen, macht das Neinsagen schwer

Weitere Faktoren für ein fehlendes Nein können jedoch auch sein, dass du Lust auf das Angebot hast, es also verlockend ist. Bildlich, im übertragenen Sinn, ist das wie an einem Buffet den Teller zu füllen, weil es so leckere Sachen hat, die man alle probieren möchte. Im Anschluss ist der Magen überlastet und ein Unwohlsein tritt ein.

Genauso ist es, wenn du zu allem Ja sagst. Ein zu viel an verlockenden Anfragen kann zu Überforderung führen, auch wenn du das alles total gerne machst. In diese Falle tappe ich immer wieder mal rein.

Das Bewusstwerden der Bedürfnisse hilft dabei, öfter mal Nein zu sagen

Indem du dir diese Gründe bewusst machst, kannst du beginnen, sie zu hinterfragen und neue Verhaltensweisen zu entwickeln. Es ist völlig in Ordnung, Nein zu sagen, wenn dir etwas nicht passt oder gegen deine Überzeugungen geht. Ein Nein bedeutet nicht, dass du weniger wertvoll oder liebenswert bist. Und es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstachtung und Stärke.

Gehe nie in ein Gespräch, bevor du dir nicht sicher bist, dass der andere das Beste tun wird, was er tun kann.

Marshall B. Rosenberg

Um Nein sagen zu können, hilft es dir auch, deine Bedürfnisse klar machen. Was ist dir wirklich wichtig? Ist es Selbstfürsorge, Ruhe und Entspannung, Schutz vor Überforderung oder die Sicherheit, genügend Zeit zu haben für das, was ausserdem noch zu tun ist? Was brauchst du, um dich entspannt und ausgeglichen zu fühlen? Und welche Konsequenzen hat es für dich, wenn du diese Bedürfnisse ignorierst?

Ein Nein zu anderen ist oft ein Ja zu dir selbst

Ein Nein zu den Anforderungen anderer ermöglicht dir, dich auf deine eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren und dich vor Überforderung zu schützen. Es hilft dir, Grenzen zu setzen und Selbstfürsorge zu praktizieren. Und es ermöglicht dir, authentisch und ehrlich zu dir selbst zu sein, anstatt ständig die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Es mag eine Herausforderung sein, diese Veränderungen in deinem Leben umzusetzen, vor allem, wenn du seit Jahren daran gewöhnt bist, Ja zu sagen und dabei deine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Es kann zu Beginn unangenehm sein und möglicherweise auch zu Konflikten führen. Aber bedenke: Wenn du Ja sagst, wo du eigentlich Nein meinst, kann das nicht nur für dich selbst, sondern auch für deine Beziehungen auf lange Sicht schädlich sein.

Die Gefühle anderer zu managen ist nicht in deiner Verantwortung

Du könntest dich fragen, wie du für dich und deine Bedürfnisse einstehen kannst, ohne Konsequenzen zu befürchten. Es ist wichtig zu wissen, dass es immer Konsequenzen gibt – egal, was du tust. Wenn du Ja sagst, obwohl du Nein meinst, könnte es sein, dass du dich selbst und deine Bedürfnisse nicht ernst genug nimmst. Wenn du Nein sagst, kann die Konsequenz sein, dass jemand enttäuscht ist. Nun kommt ein wichtiger Faktor mit ins Spiel: Es ist nicht deine Verantwortung, die Gefühle anderer Menschen zu managen. Ausnahme sind Kinder, sie sind auf unsere Hilfe angewiesen.

Die häufigsten Ursachen sind Gruppenzwang und Konditionierung

Was Gruppenzwang angeht, so ist es eine der stärksten Kräfte, die dich dazu bringen, Ja zu sagen, wenn du eigentlich Nein meinst. Das Bedürfnis, dazuzugehören und akzeptiert zu werden innerhalb einer Gemeinschaft, ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Gesunde Zugehörigkeit kann nur entstehen, wenn du dich so zeigst, wie du wirklich bist, mit deinen Stärken und Schwächen, deinen Wünschen und Grenzen. Prüfe gut, ob du dich verstellen möchtest, um dazu zu gehören.

In der Regel ist die Konditionierung, dass du nicht Nein sagen darfst, tief in dir verankert. Es ist also quasi «verboten», nein zu sagen. Eventuell hast du von klein auf gelernt, dass es unhöflich, egoistisch oder undankbar ist, Nein zu sagen. Meist haben wir nicht gelernt, gut für uns zu sorgen: Also deine eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen und Grenzen zu setzen. Dies ist weder unhöflich noch egoistisch. Im Gegenteil: Es ist eine Voraussetzung für eine gesunde, ausgeglichene Beziehung, zu dir und zu anderen.

Für sich selbst einzustehen, führt zu mehr Energie und Zufriedenheit

Dich selbst wichtig zu nehmen und Nein zu sagen, wenn es nötig ist, sind wichtige Fähigkeiten, die du lernen und üben kannst. Es mag anfangs schwierig sein, aber mit der Zeit wird es leichter. Und die Vorteile, die sich daraus ergeben – mehr Selbstachtung, mehr Energie, bessere Beziehungen und mehr Zufriedenheit im Leben – sind die Anstrengungen mehr als wert.

Erforsche also, warum du Ja gesagt hast, wenn du eigentlich Nein meinst, und welches Bedürfnis du damit erfüllt hast. Finde heraus, welches Bedürfnis bei dir auf der Strecke geblieben ist. Und beginne achtsam und umsichtig, mutig und selbstbewusst für dich selbst einzustehen. Es ist ein Weg, der zu mehr Zufriedenheit, mehr Energie und letztendlich zu einem authentischeren, erfüllteren Leben führt.

Im Modul 2 trainieren wir das empathische NEIN mit vielen hilfreichen Übungen, so dass in deinem Alltag ein Bewusstsein für dieses Thema da ist und du immer öfter liebevoll NEIN sagen kannst….

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